Ablenken, Belohnen, Locken (bei Hundebegegnungen)

Man liest/hört bei diversen Diskussionen (vor allem mit aversiv arbeitenden Hundehaltern/-trainern) immer wieder folgenden Satz:

„Du lenkst ihn ja nur mit Leckerli ab“ oder „aber ohne Leckerli klappt das nicht“ oder… mein Highlight „es nimmt aber nicht jeder Hund in der Begegnung Futter“.

Doch was ist dran an diesen, oft wenig durchdachten, nachgeplapperten Weisheiten?

Zu allererst möchte ich mit meinem Highlight aufräumen, denn es weist auf einen wichtigen Punkt für den jeweiligen Hund hin.

Kann ein Hund in einer Begegnung kein Futter nehmen, sonst aber schon, ist die Distanz nämlich viel viel viel zu gering.

Kann ein Hund dagegen draußen gar kein Futter nehmen, ist dringend der allgemeine Stresspegel unter die Lupe zu nehmen. Es gibt zwar Hunde, die Futter einfach sehr uninteressant finden, doch die sind extrem selten. Passen die Umstände, muss meist einfach ein Futter gefunden werden, das der Hund toll findet (zB Leberwurst).

Manche Hunde haben auch den ganzen Tag über Futter stehen und sind voll. Das betrifft fast immer kleine Hunde. Es wäre nicht notwendig, den ganzen Tag Futter zur Verfügung zu stellen und ist auch in Bezug auf Hygiene nicht so optimal. Man könnte es also einfach versuchen anders zu gestalten.

ABER

Belohnung muss ja nicht Futter heißen. Zwar ist Futter wunderschön einfach und klappt auch in den allermeisten Fällen wunderbar (wenn man ein bisschen mit der Verabreichung spielt), aber es ist bei weitem nicht die einzige Möglichkeit.

Willst du deinen Hund situativ passend und abwechslungsreich Belohnen, kannst du dir mal die Hobbies deines Hundes aufschreiben. Dann streichst du alles, was dir nicht gefällt. Der Rest ist deine Belohnungsliste.

Jetzt brauchst du ein gutes Auge, denn du musst nicht nur den Moment erwünschten Verhaltens abfangen, sondern vorher erkennen, was dein Hund gerade vorhatte. Das ist dann nämlich die ultimative Belohnung für die Situation.

Auch andere Dinge, die gerade in den Kontext passen, kannst du verwenden. Je weiter weg vom ursprünglichen Vorhaben deines Hundes, desto weniger hochwertig die Belohnung.

Ausnahmen bilden die Dinge, die für deinen Hund ohnehin extrem hochwertig sind (zB 10-Leckerli-Spiel) über die er dann seine eigentliche Motivation vergisst.

Du siehst, es gibt so extrem viele Möglichkeiten, dass durch den Satz „der nimmt in Begegnungen aber kein Futter“ absolut nichts Sinnvolles propagiert wird 😉

„ohne Leckerli klappt das nicht“

Dieser Satz kann nur von jemandem kommen, der bisher im Training nicht über Locken hinausgekommen ist, und noch nie kreativ mit Belohnungen umgegangen ist.

Nur, weil ich immer Leckerli dabei habe, heißt das nicht, dass mein Hund immer und für alles ein Leckerli bekommt. Klar marker und belohne ich viel, denn ich finde es toll, sooooo viele Verhalten zu sehen, die mir gefallen. Das heißt aber nicht immer Futter.

Und wenn ich nicht für jedes erwünschte Verhalten ein Leckerli vor der Nase wedle, führt mein Hund ja erst aus, und wird dann Belohnt. Dabei weiß er nicht, welche Belohnung folgen wird.

Er kann also gar nicht kalkulierend überlegen, ob er das jetzt für ein Leckerli macht.

Abgesehen davon wird jedes Verhalten, dass eine gute Belohnungsgeschichte hat (also oft belohnt wurde) ebenfalls zu einem Verstärker…

Macht also auch keinen Sinn, diese Weisheit.

Und zu guter Letzt

„du lenkst ihn ja nur mit einem Leckerli ab“

In den meisten Fällen hat hier jemand den Unterschied zwischen Ablenken und Belohnen noch nicht so ganz erkannt.

Beim Ablenken, möchte ich, dass mein Hund am besten nichts von dem Reiz (zB anderer Hund) mitbekommt.

Das kann sinnvoll sein, wenn die Situation zu eng ist, ich einen Hund vorher sehe und nicht bereit für Training bin, der Erzfeind auf der anderen Straßenseite ist usw. Es ist also eine Management-Technik, die eingesetzt werden kann, wenn mein Hund mit der Situation anders nicht zurechtkommt.

Und was ist schlimm daran?

Gar Nichts!

Sicher, der Hund lernt in dem Moment nicht, wie er mit dem Artgenossen besser umgehen kann. Aber deshalb ist es ja auch nicht unsere einzige Trainingsvariante.

Wenn ich aber dadurch eine Alternative zum Ausrasten habe, ist mir das bei weitem lieber, als dass mein Hund Pöbeln übt.

Beim Belohnen/Verstärken, setzt sich mein Hund dagegen durchaus mit dem Reiz auseinander, zeigt ein erwünschtes Verhalten und wird dafür Belohnt.

Es ist also etwas ganz anderes.

Hier kann mein Hund durchaus entscheiden, was er bei Erkennen des Artgenossen tun wird. Bin ich zu nah dran und er kann kein erwünschtes Verhalten zeigen, wird er vermutlich ausrasten, denn das hat bisher ja gut funktioniert.

Fühlt er sich aber sicher genug, um etwas Erwünschtes zu zeigen, habe ich hier genau das nachhaltige Training, das ich wollte.

Verwende ich jetzt eine passende Belohnung (irgendwas, das Distanz erhöht) lernt mein Hund nämlich:

„oh, das funktioniert ja auch, um den anderen weiter weg zu bekommen… und ich bekomme noch zusätzlich etwas“

Warum sollte der in dem Setting nicht immer öfter zu dem Erwünschten greifen? Es lohnt sich ja doppelt.

 

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