Mein kleiner Straßenhund

Vor kurzem hab ich bei einer Weiterbildung gemerkt, dass mein Hund bei mir wie ein indischer Straßenhund lebt…

Naja nicht ganz, denn er hat weniger Freiheiten.

Und doch viel mehr als die meisten seiner Artgenossen.

Aber von vorne.

In Ländern, wo sie akzeptiert und Großteils nett behandelt werden, leben Straßenhunde ein sehr freies Leben und sie entscheiden sich für die Gesellschaft des Menschen, weil sie ihnen Vorteile bringt.

So verbringen sie ihre Tage zB auf geschäftigen Plätzen, wo ihnen immer mal wieder in Restaurants Essen abgegeben wird, sie pflegen Sozialkontakte (manche mehr, manche weniger) und streichen durch ihr Gebiet.

Nachts werden sie in manchen Ländern gerne ins Haus gelassen, wo sie sogar Kontaktliegen auf dem Sofa.

Sie gehören niemandem, werden aber versorgt und sind keineswegs scheu.

Es herrscht Harmonie zwischen Hund und Mensch… ganz ohne Zwänge, Grenzen, Leinen und Zäune.

Dass das bei weitem nicht in allen Ländern mit Straßenhunden so gut funktioniert und dass es auch in den oben beschriebenen perverse Tierquäler gibt, ist klar.

Auch, dass wir unsere Hunde jetzt nicht einfach frei lassen können.

Dennoch habe ich erkannt, dass ich Sammy gerne gewisse Freiräume geben möchte.

Er ist ein Hund, der nicht spazieren geht.

Das ist hauptsächlich seinen vielen gesundheitlichen Problemen und daraus resultierenden Angstthemen geschuldet.

Trotzdem möchte er draußen sein Geschäft verrichten.

Also habe ich mir angewöhnt, ihm draußen einfach zu folgen.

Er schnüffelt durch sein Gebiet, Markiert, Beobachtet Menschen, Autos, andere Hunde, Katzen, Vögel und schnüffelt weiter.

Und natürlich verrichtet er sein Geschäft.

Es ist ein Ablauf, der ihm Spaß macht und für ihn natürlich ist.

Und wenn man ihn dabei beobachtet, erkennt man die Natürlichkeit dieses Daseins.

Er möchte nicht Spazierengehen.

Ab und zu neue Orte erkunden findet er allerdings ganz nett, denn da gibt’s so viele neue Gerüche und Eindrücke.

Danach schläft sich‘s auch gleich viel besser.

Zuhause sieht unser Zusammenleben ähnlich aus.

Er entscheidet, wann für ihn Kontakt möglich ist und wann er Streicheln oder Kontaktliegen genießen kann.

Für mich ist das vollkommen ok. Im Gegenzug merkt er, wenn ich zu viel arbeite und kommt als Ablenkung vorbei um mich an Pausen zu erinnern.

Wir entscheiden so viel im Leben unserer Hunde.

Sie sind so sehr von uns abhängig.

Da fällt es mir leicht, ihm gewisse Entscheidungen zu überlassen und ich beobachte ihn gerne dabei, wie er sie trifft und versuche die Kriterien zu erkennen.

Man glaubt gar nicht, wie spannend das sein kann.

Welche Entscheidungen das sein können und wann ein Hund dann doch Hilfe braucht ist natürlich total unterschiedlich.

Sammy braucht zB Hilfe bei Begegnungen (Hund, Mensch) und hat gelernt, dass er sich in diesen Momenten an mich wenden kann.

Auch für klein Calumi klappt das super.

Sie ist total interessiert an ihrer Umwelt und den Wildgerüchen um sie herum.

Ich lasse sie gerne in ihrer Schnüffelwelt, solange sie sich an die Spielregeln hält (halbwegs am Weg bleiben, ansprechbar bleiben, Wild in Ruhe lassen).

Entdeckt sie etwas Gruseliges vor mir, wartet sie auf mich und fragt nach Hilfe.

So stelle ich mir eine Beziehung auf „Augenhöhe“ (ist ja mit Schutzbefohlenen nie 100% möglich) vor.

Und natürlich gibt’s auch bei uns Regeln und Grenzen, die wir erst trainieren mussten.

Genau wie das Nachfragen eine Trainingsgeschichte hat, denn die Hunde müssen ja erst einmal die Erfahrung machen, dass sie sich auf uns verlassen können.

Vor allem eigenständigen Hunden fällt das anfangs total schwer und wir brauchen Geduld im Training.

Wichtig ist, nicht aufzugeben, wenn’s mal Rückschritte gibt und ein Gefühl dafür zu entwickeln, was bei welchem Hund möglich ist.

Denn manche Hunde sind von manchen Entscheidungen einfach überfordert, anderen würde zu viel Freiheit zu Kopf steigen (Stichwort Jagen).

So sind all unsere Hunde verschieden und genau das macht das Zusammenleben so unglaublich interessant und spannend.

 

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