Sozialisieren vs. Traumatisieren – Warum klassische Welpenspielstunden keinen Sinn machen

Vielleicht wirst du jetzt an meiner Kompetenz zweifeln, wenn ich dir so einen Titel präsentiere. Aber lass uns doch mal einen Blick auf eine klassische Welpenspielstunde werfen.

Folgenden Ablauf konnte ich oft beobachten und auch meine Kunden haben ihn so beschrieben (natürlich hat jede Hundeschule kleine Abweichungen).

  1. Die Hunde kommen aufgeregt auf den Platz (wenn es nicht die erste Einheit ist)
  2. Sie werden abgeleint um zu spielen
  3. Früher oder später wird der Erregungslevel im Spiel zu hoch und sie werden getrennt
  4. Es werden Übungen gemacht (Sitz, Platz, Leine,…) oder Geräte ausprobiert
  5. Fragenbesprechung

Hierbei wechseln sich Spiel und Übungen in guten Schulen ab. Man muss dazu sagen, dass dieser Ablauf schon wichtige Inhalte für den Welpen bietet, allerdings passiert dabei auch oft etwas sehr unschönes.

Passt der Trainer gerade nicht auf, oder ist nicht ausreichend geschult (es gibt tatsächlich Hundeschulen, die diese Gruppe von einem Halter ohne Ausbildung übernehmen lassen), kippt das Spiel ganz schnell und wird für min 1 Welpen doof.

Immer wieder hört man auch: „die machen das unter sich“ oder ähnliches. Das führt ganz schnell dazu, dass der betroffene Welpe lernt „andere Hunde bedeuten Angst oder Schmerz“. Für das spätere Sozialverhalten eher kontraproduktiv.

Dann gibt es immer wieder Welpen, die den Ablauf von Anfang an gruselig finden, und sich lieber hinter Frauchen verstecken. Das klappt solange, bis ein anderer Welpe zu knapp kommt und der kleine Fürchti nur noch die Variante Angriff (meist ein kurzes Gebell zum Artgenossen) hat. Er lernt „wenn ich Krach mache, geht der weg und ich habe weniger Angst“.

Auch sehr sinnvoll fürs Sozialverhalten.

Falls du dich fragst, warum kleine Hunde oft kläffen… hier hast du eine mögliche Ursache.

Ein weiteres Problem ist der Erregungspegel von Anfang an. Je länger der Kurs bereits geht, desto aufgeregter werden die Hunde. Manche beginnen dann bereits im Auto an einer bestimmten Stelle der Stecke komplett durchzudrehen.

Man könnte jetzt sagen: „naja die freuen sich halt“, was natürlich richtig ist. ABER nur weil sich der Hund freut, macht es den Fahrer trotzdem wahnsinnig 😉

Außerdem kann diese Aufregung auch im Alltag auf die Begegnung mit anderen Hunden übertragen werden. Das ist bei einem Welpen kein Problem, wenn allerdings die Bulldogge dann in der Pubertät ist und nicht mehr jeder Halter den Kontakt möchte, sind 40kg doch recht unangenehm, wenn sie an der Schulter reißen.

Hier haben wir den Hauptgrund für Leinenaggression bei Junghunden (Frust).

Und dann kommt noch eine Kleinigkeit hinzu.

Die Übungen, die auf dem Hundeplatz gut geklappt haben, funktionieren komischerweise zuhause oder im Alltag nicht mehr.

Warum?

Weil sie dort nie geübt wurden.

Der Hund verknüpft die Übungen nur mit dem Ort „Hundeplatz“. Hier würde es dann super motivierte Halter brauchen, die die Übungen genauso kleinschrittig wie auf dem Platz, auch in anderen Situationen neu aufbauen.

Das ausschließliche Training auf dem Hundeplatz hat dann, als wäre das noch nicht genug, noch einen entscheidenden Nachteil.

Die Welpen lernen keine Umweltreize kennen. Hier steuern manche Schulen dann gegen, indem sie Alltagsgegenstände und Helfer einbringen. Doch auch hier haben wir die Verknüpfung mit dem Ort und wir können nun mal nicht alles auf den Platz bringen (Stichwort Baustelle oder Öffis)

Doch was wäre dann eine alternative zu dem alteingesessenen Konzept?

Sehen wir uns zuerst den Ablauf an.

Zu Beginn der Stunde kann statt einem aufregenden Spiel, eine Entspannungsübung eingebaut werden, während der Hausaufgaben und Fragen besprochen werden.

Auch Körpergefühlübungen mit Geräten oder Suchspiele sind ein super Einstieg.

In Spielsequenzen können die zweibeinigen Teilnehmer eine tolle Einführung in die Körpersprache bekommen. So lernst du, wann dein Welpe Hilfe braucht, welche Signale er wie aussendet und welches Verhalten dein Hund bei anderen gut findet und welches nicht.

Ein Trennen verläuft stets so, dass der Welpe durch den Abbruch in etwas noch viel tolleres begleitet wird. Das kann Spiel mit dem Halter oder ein Megasnack (das Non Plus Ultra) sein, je nachdem, was dein Hund lieber mag.

Entspannungsübungen können zwischendurch und auch am Ende immer wieder folgen.

Aber das wichtigste: die Stunden finden nicht ausschließlich am Platz statt.

Das ist deshalb so wichtig, weil ja auch wir Halter Unterstützung brauchen, beim Gewöhnen an neue Dinge. Tatsächlich wird das so oft unterschätzt und dabei ist es eines der wichtigsten Dinge im Umgang mit einem Welpen.

Neue Dinge sollten neutral oder positiv kennen gelernt werden (je nachdem, wie dein Hund später darauf reagieren soll). Das ist garnicht so einfach und genau deshalb sollte hier der Profi vor allem Anfangs mit dabei sein.

Bist du dir jetzt unsicher, ob die Welpengruppe in deiner Nähe deinen Anforderungen entspricht? Dann frag einfach nach 😉 Im Normalfall sind wir Trainer immer gerne bereit über unsere Kurse und Inhalte zu plaudern, denn das ist unsere Herzensangelegenheit.

Viel Spaß mit deinem Welpen 🙂

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